Es gibt wieder ein Video, das auf YouTube die Runde macht: Ein Creator testet Dropshipping in 14 Tagen. Klingt aufregend, oder gefährlich einfach? Ich bin neugierig geworden, weil ich genau solche Formate kenne. Viele unterschätzen, wie E‑Commerce wirklich funktioniert. In diesem Beitrag teile ich meine Sicht auf die Aussagen im Video, zeige, wo Fallstricke liegen, und was aus meiner Erfahrung als Amazon FBA Händler mit eigenem Team und mehreren Firmen wirklich zählt. Wenn dich Dropshipping reizt, lies das bitte komplett. Es könnte dir Zeit, Nerven und Geld sparen.
Wer ich bin und warum mich dieses Thema triggert
Ich habe vor über fünf Jahren in der Produktion bei Mercedes-Benz gearbeitet, ohne kaufmännische Vorerfahrung, ein echter Anfänger. Heute führe ich mehrere Firmen, beschäftige über 20 Mitarbeiter und habe mit E‑Commerce siebenstellige Umsätze aufgebaut. Mein Weg begann mit Amazon FBA, nicht mit Dropshipping. Ich kaufe Produkte in Serie ein, lasse sie produzieren, importiere sie sauber, platziere sie als eigene Marke und verkaufe sie über Amazon und später über eigene Shops.
Ich weiß, wie sich der Start anfühlt, ich kenne die typischen Irrtümer und die Punkte, die den Unterschied machen. Genau deshalb ist dieses Video eine gute Gelegenheit, Dinge geradezurücken.
Dropshipping vs. Amazon FBA: Was ist was und wo liegt der Unterschied?
Wie Dropshipping funktioniert
- Du suchst dir ein Produkt bei einem Lieferanten aus.
- Du baust einen Shop, verknüpfst ihn mit dem Lieferanten.
- Kommt eine Bestellung, versendet der Lieferant direkt an deine Kunden.
- Du nimmst die Differenz zwischen VK und EK als Marge.
Eine kompakte Einführung, was Dropshipping ist und wie man startet, erklärt Amazon sehr sauber in Was ist Dropshipping und wie starte ich 2025?. Auch der Händlerbund hat mit Dropshipping starten: Step-by-Step Anleitung eine solide Übersicht.
Wichtig: Der Satz “Man verkauft Produkte teurer, als sie eigentlich sind” ist kein Makel. Das ist Handel. Ein Turnschuh kostet in der Herstellung einen Bruchteil des Verkaufspreises. Das rechtfertigt der Mehrwert: Entwicklung, Qualitätskontrolle, Logistik, Marketing, Service.
Wie Amazon FBA funktioniert
- Ich lasse Produkte herstellen, importiere sie, lagere sie bei Amazon.
- Amazon übernimmt Versand, Retouren, Kundenservice.
- Ich kontrolliere Marke, Produktqualität und Preispolitik.
- Keine eigene Logistik nötig, kein Verpacken zu Hause.
FBA ist mehr Aufwand am Anfang, aber dafür baue ich echte Werte auf: Produkt, Marke, Listing, Reviews, Wiederkäufer. Mein Weg: Erst Amazon, dann Shop. Das reduziert Risiko und erhöht die Konversionsraten, weil Leute dort sowieso kaufen.
“Risikofrei starten”? Warum dieser Satz gefährlich ist
Im Video fällt der Punkt “risikofrei”. Das klingt schön, ist aber falsch. Das größte Risiko ist nicht, Geld zu verlieren. Das größte Risiko ist, dass dein Geschäft nicht funktioniert. Diese Unterscheidung ist entscheidend, wenn du ernsthaft starten willst. Geschäft bedeutet Lernkurve, falsche Entscheidungen, Fehlinvestitionen, Personal, das nicht passt. Das gehört dazu.
Ich habe selbst mehrere Tausend Euro für Dinge ausgegeben, die am Ende nichts gebracht haben. Das ist normal. Wer ernsthaft in die Selbstständigkeit will, muss damit rechnen. Die Frage ist nicht, ob du Geld verlierst, sondern ob du schnell genug lernst und in Summe stärker wirst.
Wettbewerb ist ein gutes Zeichen, kein rotes Tuch
E‑Commerce bewegt viel Geld. Klar ist da Konkurrenz. Aber geringes Wettbewerbsumfeld bedeutet oft auch geringe Nachfrage. Der Sportvergleich passt: In Fußball ist es schwerer, an die Spitze zu kommen als in Randsportarten, aber die Chancen sind massiv größer. Such dir kein Feld, weil es leer ist. Such dir eines, wo Geld fließt, und werde dort besser als andere.
Der Shopify Leitfaden Dropshipping anfangen: Der ultimative Leitfaden für 2025 erklärt gut, wie du in einem umkämpften Markt strukturiert startest und testest.
Produktwahl im Video: Eine Anti-Beschlag-Folie für Außenspiegel
Der Creator wählt eine kleine Folie, die beschlagene oder gefrorene Außenspiegel schützen soll. Idee: Bei Wetterwechsel bleibt die Sicht frei. Klingt auf dem Papier okay, aber es gibt direkt mehrere Haken:
- Viele Autos haben beheizte Außenspiegel. Problem weniger relevant.
- Das Produkt ist klein und hat geringe wahrgenommene Wertigkeit.
- Preislich wird es schwer, genug Marge zu haben.
Ich würde für so eine Folie im Discounter kaum 2 bis 3 Euro bezahlen. Online für 9,99 Euro inkl. Versand zu verkaufen, ist hart. Allein der Versand frisst einen relevanten Anteil der Marge, selbst wenn das Teil im Einkauf Centbeträge kostet. Für Low-Ticket-Produkte brauchst du extreme Stückzahlen und sehr starke Creatives, sonst rechnet es sich nicht.
Die bittere Realität kleiner Warenkörbe
Es gibt versteckte Kosten, die viele vergessen: Zahlungsgebühren, Retourenquote, Shop‑Apps, Supportzeit, Umsatzsteuer, eventuell Zollabwicklung. Deshalb ist meine Regel: Zielpreis mindestens 30 bis 40 Euro. Je niedriger der Preis, desto höher muss die Conversion sein, desto besser müssen Creatives und Shop sein, damit überhaupt etwas übrig bleibt.
Die Postbank skizziert in Dropshipping: Tipps für den Start ins E‑Commerce die Fallstricke sehr anschaulich, gerade bei Kalkulation, Liquidität und Erwartungen.
Der Shop: Warum 100 Euro Budgets in die Irre führen
Der Creator kauft Shop‑Setups für um die 100 Euro. Ich verstehe den Wunsch nach Low Budget, aber ein Shop ist dein Ladenlokal. Ein schlechtes Schaufenster lässt Leute nicht eintreten. Gute Produktbilder, klare Nutzenargumentation, trustbildende Elemente, sauberer Aufbau, starke Mobilversion, hochwertige Videos, das kostet Zeit und Geld.
Ich gebe für Amazon-Listings gerne vierstellig aus, weil ich weiß, dass es sich rechnet. Und auf einem Shop brauchst du dasselbe in grün: Design, Visuals, Story, Social Proof. Sparst du hier, verbrennst du dein Werbebudget.
Ein pragmatischer Einstieg ist ein sauberer Page Builder plus starke Assets. Wenn dir Skills fehlen, hol Profis. 70 bis 80 Euro pro Stunde sind normal. Ein 100‑Euro‑Shop kann nur ein Baukasten mit minimaler Individualisierung sein. Das reicht selten.
Wer eine Schritt-für-Schritt Übersicht zum Shopsystem‑Start sucht, findet bei Wix einen leicht zugänglichen Überblick: Dropshipping anfangen in 10 Schritten.
Marketing: Reichweite vs. Verkäufe sind zwei verschiedene Dinge
Der Creator setzt auf TikTok, produziert Videos, sammelt über 200.000 Impressions. Stark. Nur: Reichweite ist nicht gleich Umsatz. Die eigentliche Kunst ist Conversion. Wie bringst du Leute von TikTok in den Shop? Warum sollen sie dort 9,99 Euro zahlen, ihre Daten eingeben und zwei Wochen warten, wenn das Produkt unklar ist und die Trustsignale fehlen?
Budgetfehler bei Facebook und Google
Er testet parallel 100 Euro auf Facebook und Google. Das ist zu wenig. 1 bis 3 Euro pro Klick sind normal. 100 Euro liefern 30 bis 100 Klicks. Zu wenig, damit der Algorithmus etwas lernen kann. Ich starte für ernsthafte Tests eher bei 250 bis 400 Euro pro Kampagne, damit genug Events zusammenkommen. Alles darunter ist Zufall.
Shopify erklärt im Leitfaden oben sehr gut, wie du testen, messen und nachschärfen solltest. Ohne klares System verbrennst du Budget.
Zahlen aus dem Video: Viele Augen, kaum Käufe
Die Auswertung ist ehrlich:
- Rund 200.000 Impressions auf TikTok.
- 346 Klicks, davon 232 Shop‑Besucher.
- Conversion unter 1 Prozent.
- Zwei Verkäufe über den Shop.
Das tut weh, aber es ist typisch, wenn Produktwahl, Positionierung, Shop und Creatives nicht perfekt sitzen. Unter 1 Prozent Conversion ist für einen Shop mit Low‑Ticket‑Produkt nicht unüblich, aber eben nicht tragfähig. Selbst 100 Verkäufe bei 9,99 Euro wären keine Lösung, wenn Werbung, Steuern, Versand und Zoll korrekt eingeplant sind.
Rechenbeispiel: Warum 9,99 Euro selten funktionieren
| Position | Betrag je Verkauf |
|---|---|
| Verkaufspreis | 9,99 € |
| Zahlungsgebühren | 0,40 € |
| Produkt EK | 0,60 € |
| Versand/Lieferant | 1,80 € |
| Umsatzsteuer (anteilig) | 1,60 € |
| Werbekosten (CPA) | 4,00 € |
| Restmarge vor Fixkosten | 1,59 € |
Schon bei sehr optimistischen 4 Euro CPA bleibt kaum etwas übrig. Realistisch liegt der CPA höher, vor allem am Anfang. Dazu kommen Fixkosten, Retouren, Support. Ergebnis: Minusgeschäft.
Recht, Zoll und Steuern: Bitte sauber arbeiten
Viele vergessen, dass du beim Import Umsatzsteuer und ggf. Zoll zahlen musst. Es gibt keine Grauzonen, die dich schützen, nur weil du klein bist. Wer Umsatzsteuer nicht korrekt abführt, begeht Steuerhinterziehung. Das ist kein Kavaliersdelikt.
Amazon fasst die Grundlagen des Modells seriös zusammen, daher noch einmal der Hinweis auf Was ist Dropshipping und wie starte ich 2025?. Dort siehst du auch, welche Modelle erlaubt sind und wann du gegen Richtlinien verstößt.
Warum mein Weg mit Amazon FBA startete und Dropshipping später kam
Ich habe mit FBA begonnen, weil ich Kontrolle wollte: Produktqualität, Branding, bessere Margen durch Einkauf in Menge, verlässliche Logistik, gute Conversion über Amazon. Nachdem die Produkte dort liefen, kamen eigene Shops als zusätzlicher Kanal. Das reduziert Risiko und nutzt die Stärke beider Modelle.
Wenn du ähnlich starten willst, findest du in meinem Programm FBA Unstoppable für den Start mit Amazon FBA einen klaren Fahrplan. Wer die Basis hat und skalieren will, nutzt die Strategien aus FBA Skalieren.
Warum die meisten bei Dropshipping scheitern
- Kopieren 1:1 irgendeinen viralen Store, ohne Marketingidee.
- Wählen Low‑Ticket‑Produkte, hoffen auf Wunder durch TikTok.
- Sparen am Shop, verbrennen Budget im Ads‑Manager.
- Unterschätzen Steuern, Import, Margen, Fulfillmentzeiten.
- Testen zu kurz, ohne sauberes Tracking und Hypothesen.
Erfolgreiche Stores haben fast immer eine klare, eigene Story. Beispiel aus der Praxis: Jemand verkauft ein Fußball-Trainingsprodukt, das in den USA gut läuft. Statt copy-paste richtet er das Messaging auf Eltern in Deutschland aus, die ihre Kids von Screens weglocken wollen. Gleicher Artikel, anderes Versprechen. Das ist Marketing, nicht Copy.
Der Händlerbund gibt in seiner Dropshipping Step-by-Step Anleitung eine gute Struktur, an welchen Stellen du eigene Entscheidungen treffen solltest.
Aufwand, Zeithorizont und Ehrlichkeit gegenüber dir selbst
Selbstständigkeit bedeutet mehr Arbeit, mehr Denken, mehr Verantwortung als erwartet. Und genau deshalb lohnt es sich. In zwei bis drei Wochen baust du kein tragfähiges Geschäft. In sechs bis 24 Monaten kannst du dir jedoch echte Freiheit aufbauen, wenn du konsequent am Produkt, an der Marke und am Vertrieb arbeitest.
Ich mag die Ehrlichkeit im Video: 14 Tage, viel Energie, wenig Verkäufe. Gut so. Das zeigt, was man von “schnell reich” Erzählungen halten sollte. Es ist kein Sprint. Es ist Training. Wie bei Profisportlern. Spitzenleistung kommt von Routine, Technik, Disziplin.
Praktische Tipps, wenn du heute starten willst
- Starte dort, wo Menschen bereits kaufen, nicht nur scrollen. Amazon vor Shop ist für viele klug.
- Nimm ein Produkt mit wahrgenommenem Wert, Zielpreis 30 bis 60 Euro.
- Investiere in Visuals und Texte. Bilder verkaufen, Worte rechtfertigen.
- Plane Werbebudget so, dass der Algorithmus lernen kann.
- Achte auf saubere Importprozesse und korrekte Steuerabwicklung.
- Schreibe deine Hypothesen auf. Teste systematisch und ändere immer nur einen Hebel.
- Akzeptiere, dass die ersten 1 bis 3 Monate Lernkosten sind.
Wer einen klaren Einstieg sucht, findet auf ecommerce.de mein Ökosystem aus Podcast, Blog und Programmen. Wenn du lieber liest, hilft dir mein Buch beim Praxisstart: Mein neues E‑Commerce Buch. Für Product Research und Listing‑Optimierung ist ein Tool wie Helium10 mit BYL10 Rabattcode Gold wert.
Warum Reichweite im Video nicht gereicht hat
- Produkt löst kein stark empfundenes Problem.
- Preis zu niedrig für sinnvolle Marge.
- Shop wirkt nicht stark genug, um Vertrauen zu erzeugen.
- Ads‑Budget zu klein, um stabile Learnings zu liefern.
- Kein klarer Funnel von TikTok zum Kauf.
All das ist behebbar. Mit einem anderen Produkt, einer saubereren Positionierung, besseren Creatives, einem klaren Shopaufbau und realistischem Budget hätte die Kampagne anders ausgesehen.
Aus dem Nähkästchen: Umsatz ist nicht gleich Gewinn
Ich habe auch schon in einer Woche 8.000 Euro Umsatz mit einem neuen Produkt gemacht. Das klang super, war aber erst einmal nur ein Signal. Wichtig sind Margen nach allen Kosten, Skalierbarkeit und die Frage: Kann ich das Modell wiederholen, ohne permanent auf Trends angewiesen zu sein? Deshalb liebe ich Markenaufbau und FBA. Hier entscheide ich, wie stabil mein Geschäft ist.
Fazit: 14 Tage sind zu kurz, die Learnings sind Gold wert
Das Video ist hilfreich, weil es zeigt, was viele verschweigen. In kurzer Zeit mit Low‑Ticket, Minibudget und Standardshop Umsatz zu knacken, ist unwahrscheinlich. Echte Ergebnisse kommen von guten Produkten, sauberer Präsentation, kluger Kanalwahl und Geduld. E‑Commerce ist machbar, aber nicht magisch.
Wenn du ernsthaft starten willst, baue ein Fundament, das trägt. Beginne auf einer Plattform mit hoher Kaufbereitschaft, investiere in Assets, halte deine Prozesse legal und plane Zeit zum Lernen ein.
Wenn du den Weg mit einem erfahrenen Team gehen willst, schau dir meinen Fahrplan an: Mit Amazon FBA starten und später mit System weiterwachsen mit FBA skalieren. Mehr Inhalte, Interviews und Strategien findest du im E‑Commerce Podcast und Blog. Und wenn du tiefer einsteigen willst, lies mein Buch über E‑Commerce.
Danke fürs Lesen. Welche Frage brennt dir nach diesem Beitrag am meisten unter den Nägeln? Schreib sie auf und mach sie zur nächsten Aufgabe. Genau so wird aus Motivation ein Ergebnis.
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