Fremdkapital ist ein Thema, mit dem sich jeder Unternehmer und Neugründer auf jeden Fall einmal befassen sollte. Das gilt für den E-Commerce Sektor ebenso wie für Unternehmen in jeder anderen Branche. Letztlich ist Fremdkapital eine gute Möglichkeit, die eigene Liquidität zu verbessern und so das Unternehmen auf erfolgreiche Bahnen zu setzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Fremdkapital kann eine wunderbare Möglichkeit sein, Dein Wachstum zu fördern
- In manchen Situationen bedeutet ein Verzicht auf Fremdkapital auch einen Verlust auf Gewinne
- Allerdings ist auch Fremdkapital kein Garant für Erfolg
- Wir zeigen Dir, in welchen Situationen Du als Neueinsteiger auf Fremdkapital setzen solltest und wann lieber nicht
Was genau ist Fremdkapital eigentlich?
Fremdkapital ist im Prinzip nichts anderes als Kredite, die Du aufnimmst, um Deinen eigenen Kapitalstamm zu erweitern. Tatsächlich werden sollte Finanzierungen und Kredite vor allem von größeren Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen immer wieder für die unterschiedlichsten Zwecke aufgenommen. Da wären einmal kurzzeitige Kredite, beispielsweise um laufende Kosten zu begleichen, für die erst in naher Zukunft liquide Mittel zur Verfügung stehen.
Parallel dazu gibt es auch langfristige Kredite, die beispielsweise zur Finanzierung größerer Investitionen genutzt werden. Darüber hinaus bieten verschiedene Banken und Finanzierer auch die Möglichkeit, Abrufkredite zu vereinbaren. Dabei handelt es sich um einen einmal vereinbarten Finanzrahmen, der durch Dich als Unternehmer abgerufen werden kann. Je nach Finanzierer gibt es einen Minimalbetrag, der monatlich zurückgeführt werden muss. In vielen Fällen zahlst Du für solche Abrufkredite nur die Zinsen, die für abgerufene Kreditsummen anfallen. Die Rückführung des Kredites als solche kann flexibel gestaltet werden.
Die teuerste Alternative ist der allgemein bekannte Dispositionskredit für Dein Geschäftskonto. Letztlich ähneln sich der Abrufkredit und der Dispo-Kredit sehr – allein der Zinssatz unterscheidet sich erheblich. Während für einen Dispositionskredit die Zinssätze in vielen Fällen im niedrigen zweistelligen Bereich liegen, betragen die Zinsen für einen Abrufkredit in etwa die Hälfte.
Warum hat Fremdkapital in Deutschland so einen schlechten Ruf?
Für die meisten großen Unternehmen ist klar, dass Wachstum und echter Erfolg ohne die Aufnahme von Krediten in vielen Fällen gar nicht möglich ist. Doch diese Tatsache anzuerkennen, fällt vor allem kleineren Unternehmen zunehmend schwerer. Natürlich bedeutet Fremdkapital eine gewisse Abhängigkeit. Was die meisten Menschen aber viel mehr stört, ist die damit einhergehende Zahlungsverpflichtung.
Das deutsche Mantra, dass man die Fixkosten stets so niedrig wie möglich halten sollte, steht der Aufnahme von Krediten zur Finanzierung von Investitionen oft im Weg. Denn natürlich bringen Zinsen und Tilgungen monatliche Kosten mit. Selbst wenn eine Finanzierung nur für einige wenige Tage aufgenommen wird, müssen Zinsen für die Bereitstellung der liquiden Mittel gezahlt werden. Damit verursacht die Aufnahme von Fremdkapital immer Kosten – ein Faktor, den Du natürlich auf keinen Fall außer acht lassen solltest. Letztlich ist bei der Frage, ob Du einen Kredit aufnehmen solltest oder nicht, der Einzelfall jeweils entscheidend.
Das macht Fremdkapital so wertvoll
Fremdkapital bietet Dir die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit neue liquide Mittel zu generieren, ohne dass Du dabei auf unmittelbare Umsätze angewiesen bist. Das bedeutet, dass Du mit Fremdkapital in der Lage bist, auch kurze Zeiten in denen zu erwartende Einnahmen auf sich warten lassen, zu überbrücken.
Außerdem kannst Du durch eine Kombination aus Eigen- und Fremdkapital mögliche Investitionen deutlich erhöhen. Wenn Du beispielsweise ein erfolgreich laufendes Produkt einkaufst, kannst Du mit einer höheren Kapitalsumme größere Mengen des Produktes kaufen. Das verschafft Dir bei vielen Herstellern oder Großhändlern einen besseren Einkaufspreis und damit am Ende eine größere Gewinnmarge.
Schon gewusst?
Fremdkapital muss nicht zwangsläufig von einer Bank kommen. Gerade für Jungunternehmer kann es eine gute Möglichkeit sein, nicht nur auf Kredite einer Bank, sondern auch auf solche von Freunden oder Verwandten zurückzugreifen.
Alternativ gibt es auch Anbieter, die sich auf Warenvorfinanzierung spezialisiert haben. Die Gelder für eine solche Warenvorfinanzierung stammen wiederum meist von privaten Anlegern, die ihre Gelder bei dem Warenvorfinanzierer gewinnbringend anlegen wollen. Das hat zweierlei Folgen. Zum einen sind die Hürden für Kreditnehmer bei einer solchen Finanzierung sehr gering im Vergleich zu einem Bankkredit. Andererseits liegen aber die Zinsen für hier aufgenommenes Fremdkapital auch deutlich höher als der Zinssatz einer Bank.
Ein Bankkredit ist übrigens vergleichsweise schwer zu bekommen, wenn Du Dein Business gerade erst gegründet hast. Die meisten Banken möchten für einen Geschäftskredit mindestens drei Steuerbescheide mit Einkommen aus der Selbstständigkeit sehen. Als Gründer kannst Du diese natürlich nicht vorweisen. In diesem Fall kannst Du in der Regel nur auf einen Privatkredit zurückgreifen. Hierfür brauchst Du allerdings ein anderweitiges festes Einkommen, mit dem Du die Rückführung der Finanzierung sicherstellen kannst.
Unter diesen Umständen solltest Du unbedingt mit Fremdkapital arbeiten
Schon das oben angeführte Beispiel zeigt deutlich, dass der Einsatz von Fremdkapital manchmal zu erheblichen Kostenersparnissen führen kann – Stichwort: niedrigerer Einkaufspreis. Tatsächlich gibt es aber auch Situationen, in denen die Aufnahme von Fremdkapital einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg Deines Unternehmens in den nächsten Wochen und Monaten haben kann.
Wenn Du beispielsweise im Einkauf eines Produktes, mit dem Du im Monat im Durchschnitt Gewinne von 3.000 Euro erzielst, nur Eigenkapital einsetzt und deshalb nur eine sehr begrenzte Anzahl an Produkten kaufen kannst, können deine Lagerbestände schnell zur Neige gehen. Wenn Du das Produkt aufgrund dieser Problematik womöglich für einige Wochen nicht liefern kannst, gehen Dir die 3.000 Euro durchschnittlicher Gewinn pro Monat verloren.
Diese Gewinne kannst Du erst wieder erzielen, wenn das Produkt wieder zur Verfügung steht. Hinzu kommt die Gefahr, Kunden zu verlieren, die sich mit diesem oder einem ähnlichen Produkt bei einem Konkurrenten eingedeckt haben. Vor allem, wenn Du Fremdkapital zur Beschaffung höherer Stückzahlen schon innerhalb einiger Wochen bereits zurückführen könntest, fallen die entstehenden Kreditkosten (Zinsen) in aller Regel sehr viel niedriger aus als die entgangenen Gewinne, wenn ein gut laufendes Produkt für eine Weile in Deinem Shop nicht mehr verfügbar wäre.
Darüber hinaus musst Du an dieser Stelle noch die Kosten einrechnen, die es verursacht, dass Produkt werbetechnisch wieder so mit deiner Marke zu verknüpfen und die Verkaufszahlen wieder so weit zu erhöhen, wie sie vor dem Ausverkauf waren. Die dafür anfallenden Kosten lassen sich gar nicht im Voraus beziffern – sie können aber schnell im vierstelligen Bereich liegen.
Macht die Aufnahme von Fremdkapital auch für Gründer Sinn?
Die Fremdfinanzierung einer Neugründung funktioniert nicht immer über sponsoren und Investoren. Wenn Du keine Investoren findest – oder gar keine möchtest – musst Du die finanziellen Mittel für Deine Gründung selbst mitbringen. So zumindest sehen es die meisten Experten. Dabei kann auch eine Aufnahme von Fremdkapital für Gründer eine gute Möglichkeit sein. Allerdings solltest Du hier einige wichtige Voraussetzungen erfüllen. Diese sind:
- Du solltest genau wissen, was du tust. Wer als Quereinsteiger ein kleines Business aufmachen möchte und in einem Bereich tätig werden will, in dem er sich eigentlich gar nicht so richtig auskennt, sollte es eher langsam angehen und mit seinen Erfahrungen wachsen. Wer allerdings eine Ausbildung in dem Bereich gemacht hat, in dem er sich in der Selbstständigkeit bewegen möchte und genau weiß, was er da tut, der kann auch einen Teil des Risikos durch die Nutzung von Fremdkapital vorziehen.
- Du solltest finanziell nicht von Deinem neuen Business abhängig seinEin weiterer Faktor ist die finanzielle Sicherheit. Im Idealfall hast Du einen festen Job, der es Dir ermöglicht, die laufenden monatlichen Kosten für die aufgenommene Finanzierung auch ohne Einnahmen aus Deinem neu zu gründenden Business zu begleichen. So stehst Du nicht ab dem ersten Tag Deiner selbstständigen Tätigkeit so sehr unter Druck.
- Deine Geschäftsgründung sollte auf soliden Füßen stehen. Hier ist es zum Beispiel wichtig, dass die Umsatzprognosen realistisch von einem Steuerberater, der Deine Branche kennt, gemacht wurden. Nur wenn Du bei der Kalkulation Deiner künftigen Einnahmen von Zahlen ausgehst, die wirklich realistisch angesetzt sind, kannst Du auch mit möglichst geringem Risiko einen Kredit aufnehmen.
- Sei Dir des bestehenden Risikos bewusst. Auch die beste Idee kann, wenn sich kurzfristig die Rahmenbedingungen ändern oder andere ungeplante Dinge passieren, mal nicht zünden. Sollte es wirklich dazu kommen, dass dein vorfinanziertes Produkt nicht so ankommt, wie Du es Dir vorstellst, kannst Du womöglich selbst nach einer Schließung Deines Business noch die Verbindlichkeiten aus Deinem Kredit abbezahlen. Dieses Risiko solltest Du immer im Hinterkopf haben, wenn Du Dich als Gründer für die Nutzung von Fremdkapital entscheidest.
Die Vorteile einer Kreditaufnahme für Gründer sind allerdings auch nicht wegzudiskutieren. Denn wer durch en Einsatz von Fremdkapital mehr und dabei vielleicht auch noch bessere Produkte auf den Markt werfen kann, der erhöht natürlich auch die Chancen, direkt erfolgreich zu sein. Damit kann Wachstum und Erfolg deutlich schneller Einzug halten als bei eher schmalen Möglichkeiten durch eine komplette Finanzierung über Eigenkapital.
Wann solltest Du eher die Finger von Krediten lassen?
Grundsätzlich solltest Du auf die Aufnahme von Krediten verzichten, wenn Du neben dem Business, dass Du neu aufbauen möchtest, keine weiteren Einkünfte hast. Hier können höchstens staatliche geförderte Kredite über die KfW eine sinnvolle Lösung sein, da diese nur mit einem wirklich erfolgversprechenden Businessplan gewährt werden.
Darüber hinaus macht es wenig Sinn in Phasen, in denen du noch gar keine Gewinne erzielt hast, Kredite aufzunehmen, um Dein Business zu erweitern. Hier wäre es erst einmal wichtig, in die Gewinnerzielung zu kommen, ehe Du Deine Fixkosten durch eine Kreditaufnahme noch weiter erhöhst.
Am sinnvollsten ist die Aufnahme von Fremdkapital immer dann, wenn es darum geht, Engpässe in die Liquidität kurzzeitig zu überbrücken oder aber aus einer gesunden Marktposition heraus weiter zu wachsen.
Fazit: Fremdkapital kann die perfekte Lösung für Dein Unternehmen sein
Tatsächlich kann die Aufnahme eines Kredites genau den Schub bieten, den Dein Unternehmen braucht, um weiter zu wachsen. Zum Beispiel, weil Du mit einer Warenvorfinanzierung noch bessere Konditionen bei Deinem Großhändler oder dem Hersteller Deiner Produkte heraushandeln kannst.
Oder aber, weil Du so die Möglichkeit bekommst, einen bereits erfolgreichen Bereich Deines Business weiterzuentwickeln, um die guten Zahlen weiter zu verbessern. Wichtig ist dabei allerdings, alle Entscheidungen mit Augenmaß zu treffen und nur dann auf Fremdkapital zurückzugreifen, wenn du die Rückführung des aufgenommenen Fremdkapitals auch wirklich gewährleisten kannst.