Wer als Amazon FBA Händler an den Start geht, geht zwangsläufig irgendwann vor der Frage, ob es sich lohnt, Sourcing in der Türkei statt in China zu betreiben. Noch vor einigen Jahren war klar, dass der Markt in China in Sachen Beschaffung weltweit nahezu konkurrenzlos agieren konnte. Vor allem in der Preisfrage schlugen Hersteller aus China nahezu alle anderen Beschaffungsmärkte um Längen.
Doch mit der nun schon gut zwei Jahre andauernden Containerkrise hat sich das Bild ein gutes Stück weit verändert. Ein Grund, warum auch gestandene Amazon FBA Händler in Sachen Sourcing längst ihre Fühler in andere Richtungen ausgestreckt haben. Wir zeigen, warum das Sourcing in China inzwischen alles andere als alternativlos ist und welche Voraussetzungen gelten, damit die Türkei für Dich zu einer echten Alternative im Bereich Beschaffung werden kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Sowohl die Lieferzeit als auch die Lieferkosten aus China sind in den letzten beiden Jahren explodiert
- Immer mehr Amazon FBA Händler schauen sich heute in Europa und in der unmittelbaren Nachbarschaft nach Alternativen um
- Die Türkei bringt als Sourcing-Partner eine Menge Vorteile mit – aber auch einige Nachteile
Was hat sich für das Sourcing aus China in den letzten Jahren verändert?
Mit dem Beginn der Corona-Pandemie gab es vor allem in China eine ganze Reihe geschlossener Häfen. Andere Häfen hatten aufgrund von zahlreichen Corona-Erkrankungen und weitflächigen Quarantänen erheblichen Personalnotstand. Das und diverse Krankheitsfälle auf Containerschiffen selbst führten zu einem starken Rückstau bei der Abarbeitung eben solcher Containerschiffe.
Nicht zuletzt das wird als einer der Hauptgründe für die sogenannte Containerkrise in China gesehen. Bis heute haben verschiedene Häfen noch immer Probleme – vor allem aber gibt es bis heute eine nie gekannte Containerknappheit in China. Ein Umstand, der dem besonders ausfuhrstarken Land erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Denn dadurch haben sich einerseits die Lieferzeiten stark verlängert. Es ist heute nichts Ungewöhnliches mehr, auf eine Lieferung aus dem Land der Mitte rund 2 Monate zu warten.
Darüber hinaus haben sich die Transportkosten für Produkte aus China vervielfacht. Lagen die Kosten für einen Container vor zwei bis drei Jahren noch bei rund 2.500 – 3.000 Euro, so kostet die Lieferung eines gleichgroßen Containers bei gleicher Befüllung heute rund 21.000 Euro. Das entspricht rund 700 Prozent der ursprünglichen Kosten.
Tatsächlich sind viele Waren aus China trotz dieser erheblich gestiegenen Lieferpreise noch immer sehr günstig im Einkauf – die möglichen Gewinnmargen für Amazon FBA Händler sinken durch die steigenden Transportkosten allerdings zum Teil gewaltig. Darüber hinaus bergen gerade die langen Lieferzeiten aus China zwei weitere Probleme für Amazon FBA Seller.
- Es besteht eine sehr langfristige Kapitalbindung in nicht verfügbare Waren
- Es ist eine langfristigere Bevorratung notwendig, um Engpässe im Lager zu vermeiden
Wenn Du als Händler ein Produkt entwickelst, erhältst Du erst einmal ein oder mehrere Anschauungsobjekte. Werden diese abgesegnet und dann in einer größeren Stückzahl geordert, muss zumindest eine Anzahlung – in vielen Fällen auch bereits der gesamte Preis für die Ware gezahlt werden. Das bindet eine große Menge an liquiden Mitteln. Zumal die Produktion der Waren eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt und die Lieferung anschließend eben die vorhin angesprochenen rund 2 Monate dauert.
Das bedeutet, dass Du für einen Zeitraum von mindestens 2 Monaten deine liquiden Mittel in Waren gebunden hast, die Dir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht zur Verfügung stehen. Du kannst mit diesen Produkten also noch gar keine Umsätze und schon gar keine Gewinne erzielen. Das kann schnell zu finanziellen Schwierigkeiten führen, wenn Du nicht genug Kapital in der Hinterhand hast, um diesen Engpass auszugleichen.
Neben der Frage der liquiden Mittel stellt sich auch die Problematik ein, dass Du auch auf Deine nächste Lieferung aller Voraussicht nach wiederum 2 Monate warten musst. Es besteht aber immer die Gefahr, dass ein Produkt out of stock geht, also ausverkauft ist. Für einen Online-Händler gibt es nicht viel, was schlimmer wäre. Wenn ein einmal erfolgreich angelaufenes Produkt plötzlich ausverkauft ist, hast Du nach Wiederverfügbarkeit einen erheblichen Werbeaufwand, um die Ware wieder auf die alten Verkaufszahlen zu bringen.
Aus diesem Grund sind viele Händler, die ihre Waren in China beschaffen, inzwischen dazu übergegangen, stets Waren für 6 Monate zu bestellen. Bei Lieferanten mit kürzeren Lieferfristen reicht ein Lager mit Produkten für die nächsten 2 – 3 Monate, was wiederum eine geringere Kapitalbindung und bedeutet.
Darum ist Sourcing in der Türkei statt in China eine echte Alternative
Im Vergleich zu der Situation in China bringt die Türkei im Bereich Sourcing ein paar echte Vorteile. Da wäre beispielsweise die Lieferzeit. Während Du bei Waren aus China im Schnitt 2 Monate warten musst, liegt die normale Lieferdauer aus der Türkei bei rund 10 Tagen. Auch die Versandkosten sind hier deutlich niedriger. Der als Beispiel oben angeführte Container aus China würde aus der Türkei lediglich Versandkosten in Höhe von rund 3.000 Euro verursachen.
Hinzu kommt, dass bei vielen Verbrauchern in den letzten Jahren vermehrt Vorbehalten gegen Produkte „made in China“ aufgekommen sind. Fehlende Nachhaltigkeit, schlechte Arbeitsbedingungen und ein politisches System, das mit unseren Werten nur wenig zu tun hat, sind dafür mitverantwortlich. Dazu kommt, dass die Qualität vieler Produkte aus China nach wie vor nicht mit der von Produkten aus Europa mithalten kann.
Ein weiterer Pluspunkt ist der Umstand, dass die Türkei ein Freihandelsabkommen mit der EU hat. Hier ist zollfreier Handel möglich. Anders als bei einer Wareneinfuhr aus China zahlst Du also bei Waren aus der Türkei keine Zölle. Das kann sich schnell bemerkbar machen, wenn beispielsweise auf Keramik aus China 40 % Zoll erhoben wird, dieser bei der gleichen Ware aus der Türkei aber eben nicht fällig wird.
So ergibt sich der Umstand, dass viele Waren in China im Nettopreis noch immer 20 bis 30 Prozent günstiger sind als die gleichen Waren aus der Türkei. Doch die Nebenkosten bestehend aus Lieferkosten und Zöllen führen am Ende trotzdem oftmals zu einem höheren Endpreis für Dich als Händler. Dazu kommt, dass die oftmals bessere Qualität der Produkte selbst einen etwas höheren Preis rechtfertigen würde.
Die Vorteile auf einen Blick zusammengefasst:
- Kürzere Lieferzeiten und damit deutlich kürzere Mittelbindung in Produkte sowie die Möglichkeit, Waren für 2 – 3 Monate zu bevorraten statt für 6 Monate
- Höhere Qualität der gelieferten Produkte
- Bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne der Menschen vor Ort
- Kürzere Lieferwege bedeuten einen kleineren CO2-Fußabdruck Deiner Produkte
- Zölle entfallen
- Die Transportkosten fallen wesentlich geringer aus
Diese Rohstoffgruppen lohnen sich wirklich in der Türkei zu beschaffen
Es gibt vor allem drei Bereiche, in denen der Einkauf in der Türkei besonders lohnend ist. Diese sind:
- Textilien
- Keramik
- Holz
In Sachen Textilien ist der türkische Markt eine wahre Fundgrube. Nicht umsonst lassen hier auch viele hochwertige Designermarken ihre Textilien herstellen. Die Kleidung aus der Türkei ist hochwertig in der Verarbeitung und im Material. Hinzu kommt, dass Du hier sicher sein kannst, dass die Materialien zum Färben der Stoffe für Mensch und Tier wirklich unbedenklich sind. Dazu kommt, dass Kleidung aus der Türkei zu einem unschlagbar günstigen Preis angeboten wird.
Ähnliches gilt für den Bereich Keramik. Auch hier ist die Qualität sehr hoch und die Preise sind vergleichsweise niedrig. Geschirr aus der Türkei ist echte Qualitätsware, die in einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis angeboten wird.
Holz und damit vor allem Möbelstücke sind in der Türkei ebenfalls ein beliebtes, weil hochwertiges und preiswertes Exportgut. Dabei hast Du eine breite Auswahl aus verschiedenen, in Deutschland sehr beliebten Holzarten.
Nice to know
Auch Plastikwaren und Metall gelten als Rohstoffe, die man in der Türkei sehr gut einkaufen kann. Das trifft auch zu – allerdings nur bei sehr hohen Abnahmemengen oder dem Kauf von Maschinenteilen beispielsweise. Wenn es um kleinere Produkte geht, die Du als Amazon FBA Händler womöglich noch selbst entwickelt hast und die nach Deinen Vorstellungen gefertigt werden sollen, wird die Produktion in der Türkei für diese Produkte schnell ein eher teures Vergnügen.
Probleme für Amazon FBA Seller beim Sourcing in der Türkei
Der Beschaffungsmarkt in China hat sich über Jahrzehnte entwickelt und damit ist er der Türkei um rund 20 Jahre voraus. Das zeigt sich an einigen Punkten, auf die Du beim Sourcing in der Türkei unbedingt achten solltest. So gibt es in der Türkei keine so gut ausgebauten Netzwerke für Beschaffungswaren wie in China.
Als Amazon FBA Seller, der in China einkauft, wählst Du Deine gewünschten Produkte in der Regel einfach über Alibaba aus. Hier kannst Du die verschiedensten Produkte problemlos kombinieren und so neue Sets auf den Markt werfen. In der Türkei hingegen gibt es keinen solchen Großhändler für den Wareneinkauf.
Hier musst Du selbst den Hersteller kontaktieren und dafür sorgen, dass die verschiedenen Bestandteile Deines Produktes zusammenfinden und schließlich entsprechend Deinen Vorstellungen kombiniert werden. Für ein Keilkissen musst Du also sowohl die Füllung als auch den Stoff für den Bezug und natürlich den Reißverschluss beschaffen und zum Hersteller bringen lassen. Erst dann wird dieser tätig und fertigt Deine Ware.
Wer hier nicht bereits über ein funktionierendes Netzwerk verfügt oder auf das Netzwerk eines anderen Händlers zurückgreifen kann, muss erst einmal eine Menge Zeit, Arbeit und auch einiges an finanziellen Mitteln in den Aufbau eines solchen Netzwerkes investieren. Denn viele Absprachen lassen sich in einem Land wie der Türkei nur treffen, wenn Du wirklich vor Ort bist und mit den jeweils Verantwortlichen verhandelst.
Das kann auch für Dich die Lösung in Sachen Sourcing in der Türkei sein
Dennoch kann das Sourcing in der Türkei statt in China eine gute Lösung für Dich als FBA Händler über Amazon sein. Denn es gibt eine Reihe spannender Sourcing Agenturen, die Dir hier ihre Dienste anbieten und mit denen Du in der Kooperation Deine Produkte in der Türkei entspannt herstellen lassen kannst. Denn Agenturen verfügen über das Netzwerk, das für eine reibungslose Beschaffung in der Türkei unerlässlich ist.
Fazit: Europa rückt näher zusammen – und die Türkei als direkter Partner profitiert davon
Die Türkei ist nicht das einzige Land in Europa, das im Rahmen der Containerkrise in Asien zu einem interessanten Markt für das Thema Beschaffung geworden ist. Aber als unmittelbarer Nachbar Europas und aufgrund des Freihandelsabkommens mit der EU gehört die Türkei sicherlich zu den interessantesten Ländern in diesem Bereich. Denn die Produktionskosten sind hier noch immer deutlich niedriger als in vielen europäischen Ländern, die Lieferzeiten sind allerdings nur minimal länger.
Wichtig ist allerdings, dass Du für das Sourcing in der Türkei auch ein Produkt auswählst, dass sich in der Türkei wirklich günstig in guter Qualität beschaffen lässt. Für die Wahl des richtigen Produkts, dass zu Dir, Deiner Philosophie und Deinem Unternehmen passt, stehen wir Dir gern im Rahmen eines kostenlosen Beratungsgesprächs zur Verfügung.